So, aber jetzt ist es soweit - hier ist er, der überfällige Bericht von meinem jetzigen Grow
Ich growe in einem 50 x 90 x 187 cm großen Schrank, mit flexibler diy COB - Beleuchtung: bis zu 4xCree 3590er, 3500°K, laufend auf 50W & passiv gekühlt, lasse meinen Abluftventi mit AKF auf kleinster Stufe durchlaufen, und das Ding steht in der Wohnung. Bis auf wenn ich 4 COBS laufen habe (da muss ich die Lüftung etwas raufdrehen), ist Temperatur/Feuchtigkeit schön stabil eingespielt.
Mein Substrat ist lebende Erde.
WTF ist lebende Erde?
Bei mir ist sie ein über die Zeit angehäuftes Patchwork von verschiedenen Komponenten:
- gebrauchte Erde, die in meinen ersten grows verwendet wurde, rehydrierte Kokosfaser
- Lavastein, Sand, Tonkügelchen als Lüftungsmaterial
- Wurmkompost, Kompost
in einem Verhältnis, das je ca. 1/3 des Gesamtvolumens ausmacht.
Weiters enthalten sind kleinere Mengen an Zusatzstoffen, wie eine Handvoll Steinmehl, geröstete & zerkleinerte Eierschalen, Neemmehl. Und was immer an Mulchmaterial in die Erde durch meine kleine Freunde eingearbeitet wurde.
Damit sind die Grundbedingungen geschaffen, um in diesem Substrat eine gesunde mikrobielle Gesellschaft aufzubauen. Denn Gärtnern mit lebender Erde spannt die natürlichen Prozesse der Natur zu unserem Vorteil ein, und es sind diese Mikroorganismen, nicht ich, die sich im wesentlichen um das Wohlergehen meiner Pflanze kümmern werden.
Und das! ist eine wirklich spannende Sache!
Seit Jahrzehnten füttern wir unsere Pflanzen chemisch, und fragen uns nicht, wie diese Pflanzen eigentlich gedeihen konnten, bevor wir Allmächtigen zur Rettung kamen??
In Wirklichkeit funktioniert der chemische Ansatz in der Agrikultur nur deshalb, weil wir davor die eigentlichen Mechanismen, mittels derer Pflanzen versorgt werden, durch den Raubbau, den wir seit Jahrhunderten - und seit dem 2. Weltkrieg exponentiell verschärft - betreiben, beschädigt bis völlig zerstört haben. Und diese Zerstörung ist auch wesentlich an der Klimaerwärmung beteiligt.
Alle Nährstoffe, die eine Pflanze je brauchen könnte, sind in allen Erden dieser Welt vorhanden! Bis der letzte Krümel Fels, Stein, Sand verbraucht ist, gibt es - theoretisch - genügend Nährstoffe für die Pflanzen. NPK und das ganze andere Gelärch? Alles im Boden. Überall.
Was ihnen aber zunehmend fehlt, ist das Bodenleben, das diesen Reichtum an Nährstoffen aufschlüsselt und durch Aufnahme, Sterben und Gefressenwerden in pflanzenverfügbarer Form weitergibt.
Bakterien, Pilze, Protozoen (Amoeben und Flagellate), gutartige Nematoden, und Mikroarthropoden bilden ein aerobes Nahrungsnetzwerk des Fressens und Gefressenwerdens, das nur in seiner vollständigen Form Pflanzen adäquat zu ernähren imstande ist.
Es kommt aber noch schöner!
Sind also diese kleinen Kelchen alle da, ist es die Pflanze, die Regie über deren Populationen führt.
Ungefähr die Hälfte dessen, was die Pflanze an Stoffen photosynthetisiert, geht in der Form von Zuckern, Stärken, und Proteinen in den Wurzelbereich. Diese Wurzelexsudate, wie man das wissenschaftlich nennt, sind immer jeweils so zusammengesetzt, dass sie genau die Arten von Mikroorganismen förden, die ihnen die benötigten Nährstoffe liefern können.
Und das passiert blitzschnell: man hat im Labor Reaktionszeiten von Sekunden gemessen.
In diesem Bereich gibt es noch sehr viel zu forschen und entdecken, da die Forschungsfinanzierung ja meist von der Wirtschaft kommt, die dann auch mitredet, was wie geforscht werden soll… D.h. wir haben im Moment nur eine skizzenhafte Ahnung dessen, wie diese ganzen Vorgänge im Detail funktionieren.
Und es kommen auch noch Aspekte hinzu, die fast gar nicht erforscht sind, wie zB das Prinzip der Endocytose (=die Aufnahme von komplexen Nahrungsbausteinen durch Einschließung und Direktverwertung) und der Remutation (=Zellbestandteile wie Chloroplasten sind eigenständige Lebewesen die sich nach Tod einer Zelle neue Kooperationen suchen).
Aber das Schöne daran, den Prozessen der Natur zu vertrauen ist, dass wir eben nicht alles ganz genau wissen müssen, da wir ja die Kontrolle an diejenigen, die wissen was sie tun, abgeben
Wenn ich also sage, ich arbeite mit lebender Erde, überlasse ich das Pflanzenfüttern dieser Pflanze-Bodenleben-Kooperation (die im Übrigen auch PH Werte regeln: in einem Wurzelballen wird man alle möglichen PH-Werte finden, je nachdem, was dort grad „produziert“ wird).
Und meine Aufgabe reduziert sich darauf, die Mikroorganismen mit guten Umgebungsbedingungen und Futterquellen zu versorgen.