Präambel:
Ich bin kein Chemiker. Ich habe nicht das chemische Fachwissen, um einen PH-Wert berechnen zu können. Allerdings kann ich ein Stück weit verstehen, was in einer Nährlösung chemisch passiert, wenn der PH-Wert sich ändert. Dieses Wissen möchte ich gerne mit euch teilen. Einige Dinge sind vereinfacht ausgedrückt und umfassen der Einfachheit der Erklärung zuliebe nur Teilbereiche der stattfindenden Prozesse. Auf der anderen Seite verstehe ich selbst noch nicht alles und habe vielleicht etwas falsch verstanden oder selbst Wissenslücken. Bitte korrigiert mich in solchen Fällen!
Was ist eigentlich der PH-Wert?
„PH“ wird aus dem lateinischen abgeleitet und steht für „pondus hydrogenii“, was so viel Bedeutet wie „Potenzial des Wasserstoffs“.
Der PH-Wert verrät einem, ob eine Flüssigkeit neutral, eine Säure, oder eine Base ist. Die PH-Skala zeigt Werte von 0-14 an. Die goldene Mitte bei 7 bedeutet, dass eine Lösung PH-Neutral ist. Weder sauer noch basisch.
Werte über 7 bedeuten, dass eine Flüssigkeit basisch ist. Ein anderes Wort für basisch ist alkalisch.
Werte unter 7 bedeuten, dass eine Flüssigkeit sauer ist.
Was sind Ionen?
Ein Ion ist ein Atom oder Molekül mit einer Ladung. Die Ladung kann positiv (Kationen) oder negativ (Anionen) sein. Ionen sind deswegen geladen, weil sie aus einem Molekül stammen und durch einen chemischen Prozess vorübergehend aus dem Molekül heraus gerissen und von ihrem „Partner“-Ion getrennt wurden. Ionen sind aufgrund ihrer Ladung immer bestrebt eine Bindung mit anderen Ionen einzugehen, die entgegengesetzt geladen sind.
Z.B. NaCl (Natriumchlorid = Kochsalz) ist ein Molekül, das aus 2 Atomen besteht.
Wenn man es aufspaltet, ergibt es folgende Ionen:
(Na)+ und (Cl)-
Beide Ionen beinhalten in diesem Beispiel jeweils nur ein einzelnes Atom. Wenn die beiden chemisch verbunden sind zu NaCl, dann besteht ein Ladungsgleichgewicht zwischen dem (Na)+ Kation und dem (Cl)- Anion: Die Verbindung NaCl bleibt stabil. In stabilen Verbindungen gleichen die Ladungen der Ionen sich immer gegenseitig aus
Ein Ion muss allerdings kein einzelnes Atom sein, sondern kann selbst ein Molekül aus mehreren Atomen sein:
Weiteres Beispiel:
H3PO4 (Phosphorsäure) ist ein Molekül, das aus 8 Atomen besteht.
3x H
1x P
4x O
Wenn Phosphorsäure aufgespalten wird, zerteilt sie sich in ihre zwei entgegengesetzt geladenen Ionen-Typen:
3x (H)+ und 1x (PO4)3-
Da aus einem H3PO4-Molekül insgesamt 3 positiv geladene (H)+ Ionen frei werden können, muss folglich das (PO4)-Ion eine 3-fach negative Ladung haben. Also (PO4)3-.
Ionen sind reaktiv!
Dadurch, dass Ionen eine Ladung haben, sind sie bestrebt möglichst schnell ein entgegengesetzt geladenes Ion zu finden und sich mit ihm zu verbinden. Wenn verschiedene Stoffe in Wasser gelöst sind, dann können alle dadurch entstandenen Ionen miteinander reagieren.
Was haben Ionen mit dem PH-Wert zu tun?
Beim Potenzial des Wasserstoffs, dem PH-Wert, dreht sich letztlich alles um frei in der Nährlösung umher schwirrende (H)+ und (OH)- Ionen. Die OH- Ionen sind das natürliche Gegengewicht zum H+. Wenn in der Lösung genau so viele (H)+ Ionen wie (OH)- Ionen sind, dann ist sie weder sauer noch basisch. Die Anionen und Kationen sind im Gleichgewicht.
Die (H)+ und die (OH)- Ionen sind ständig in Bewegung, sehr reaktionsfreudig und wechseln gerne ihre Bindungspartner. Wenn sie allerdings aufeinander treffen, dann bilden sie zusammen Wasser. Macht auch Sinn, denn: Wenn wir die Ionen (H)+ und (OH)- 1:1 zusammen in ein Molekül stecken, kommt genau H2O, also Wasser, heraus. Und das hat einen PH-Wert von 7.
Wie wir an der Phosphorsäure gesehen haben, werden bei der Ionenzerlegung 3 positiv geladene Wasserstoffatome abgespalten. Und so ähnlich läuft es für alle Säuren ab: Sie geben – je nach Stärke des Bindungspartners – mal mehr oder mal weniger (H)+ Ionen an ihre Umgebung ab. Manche geben ihre H+ alle auf einmal ab, andere Geben sie schrittweise ab und reagieren zu Zwischenprodukten, bevor letztlich alle H+ gelöst sind, wieder andere nehmen verschiedene Stadien bei verschiedenen PH-Werten ein.
Bei den Basen, wie z.B. der Kalilauge mit der Formel KOH, werden immer negativ geladene (OH)- Ionen in die Nährlösung gebracht. So spaltet sich die Kalilauge KOH in ihr Kation (K)+ und ihr Anion (OH)- auf.
Also gilt:
Wenn eine Säure in die Lösung gegeben wird, dann zerfällt sie im Wasser in ihre Ionen, wodurch man mehr H+ Ionen in die Nährlösung bringt.
Wenn eine Base gegeben wird, dann zerfällt auch diese in ihre Ionen, allerdings wird dadurch die Nährlösung mit (OH)- Ionen angereichert.
Sauer: H+
Basisch: OH-
Die (OH)- Ionen verbinden sich sehr gerne mit den (H)+ Ionen zu Wasser. Sind alle H+ Ionen aufgebraucht und noch (OH)- Ionen übrig, dann ist die Flüssigkeit basisch. Sind hingegen alle
(OH)- aufgebraucht und am Ende noch H+ übrig, dann ist die Flüssigkeit sauer.
Sind in der Lösung mehr (H)+ als (OH)- Ionen, so ist der PH-Wert unterhalb von 7. Also sauer.
Sind in der Lösung mehr (OH)- als (H)+ Ionen, so ist der PH-Wert oberhalb von 7. Also basisch.
Was bedeutet das für die Nährlösung?
Um unsere Nährlösung im angestrebten PH Bereich zwischen 5,5 und 6,5 zu halten, müssen wir in aller Regel mit Säuren arbeiten.
Dabei gilt es zu bedenken, dass eine Säure nicht einfach nur sauer macht (durch ihre H+ Ionen), sondern dass sie auch einen Nährstoff mit einbringt über ihr Anion, also den negativ geladenen Teil. Das heißt, dass alle Säuren auch etwas an der Nährstoffverteilung der Nährlösung verändern.
Selbiges gilt für Basen: Zusätzlich zu ihrem OH- Ion bringen sie ein positiv geladenes Kation mit ein, welches sich auch auf die Nährstoffverteilung auswirkt.
In Nährlösungen sind folgende Ionen besonders relevant:
Kationen:
(NH4)+ (Ammonium)
(Ca)2+ (Calcium)
(Mg)2+ (Magnesium)
(K)+ (Kalium)
(Na)+ (Natrium)
(Fe)2+ (Eisen)
Anionen:
(NO3)- (Nitrat)
(PO4)3- (Phosphat)
(SO4)2- (Sulfat)
(Cl)- (Chlorid)
(HCO3)- (Carbonat)
Die Anionen könnten einem vertraut vorkommen: Es sind genau die, die in unseren PH-Downern – also Säuren - vorkommen:
Salpetersäure mit der Formel HNO3 besteht aus (H)+ und (NO3)-
Phosphorsäure mit der Formel H3PO4 besteht aus 3x (H)+ und (PO4)3-,
Schwefelsäure mit der Formel H2SO4 besteht aus 2x (H)+ und (SO4)2-,
Salzsäure mit der Formel HCl besteht aus (H)+ und (Cl)-
Bei den Kationen kommt einem in diesem Zusammenhang evtl. die Kalilauge (KOH) in den Sinn:
Kalilauge mit der Formel KOH besteht aus (K)+ und (OH)-
Natronlauge mit der Formel NaOH besteht aus (Na)+ und (OH)-
Das Schema ist immer das Gleiche:
Säuren bringen (H)+ in die Lösung und spalten das Säure-Anion (NO3, PO4, SO4, etc.) ab.
Laugen bringen (OH)- in die Lösung und spalten das Laugen-Kation (NH4, K, Ca, etc.) ab.
Wenn wir dazu mal ansehen, welche PH-Werte in der Hydroponik Anwendung finden, dann stellen wir schnell fest, dass wir stets im sauren Bereich arbeiten. Wir richten uns gerne innerhalb eines PH-Bereichs von 5,5 bis 6,5 ein. Also bei Werten, die kleiner sind als 7. Entsprechend sind wir im sauren Milieu. Daraus lässt sich folgern, dass wir immer ein Übergewicht an (H)+ Ionen in unserer Nährlösung haben.
Also ergibt sich letztlich der PH-Wert durch das Gesamtverhältnis von Anionen zu Kationen.
Wenn:
(Summe aller Nährstoff-Anionen-Ladungen) = (Summe aller Nährstoff-Kationen-Ladungen)
(Summe aller H+) = (Summe aller OH-)
→ Gleich viele (H)+ und (OH)- Ionen
→ die Lösung ist ph-neutral bei PH7.
Wenn:
(Summe aller Nährstoff-Anionen-Ladungen) < (Summe aller Nährstoff-Kationen-Ladungen)
(Summe aller H+) < (Summe aller OH-)
→ Mehr Kationen als Anionen
→ Mehr (OH)- als (H)+
→ PH Wert über 7, also Basisch.
Wenn:
(Summe aller Nährstoff-Anionen-Ladungen) > (Summe aller Nährstoff-Kationen-Ladungen)
(Summe aller H+) > (Summe aller OH-)
→ Mehr Anionen als Kationen
→ Mehr (H+) als (OH)-
→ PH Wert unter 7, also Sauer
Säuren und Nährstoffe
Letztlich versucht man die Nährstoffe, die in den Säuren oder Basen enthalten sind, direkt in die Berechnung der Düngermischung einzubeziehen. Allerdings braucht es ein wenig Erfahrung um dann auch die gewünschten PH-Werte genau zu treffen.
Wenn ich nun Nährwerte berechnet und eingestellt habe, von denen ich glaube, dass sie meinen Pflanzen gut tun, rühre ich ich die Nährlösung an. Wenn die Mischung gut ist, dann sollte sich die Nährlösung spätestens nach wenigen Tagen, nachdem sie im System ist und mit Pflanzen in Kontakt kommt, von selbst auf einem PH-Wert einpendeln, der zwischen 5.5 und 6.5 liegt, besser zwischen 5,7 und 6,2 in der Hydroponik.
Eine „gute Mischung“ bedeutet dabei, dass ich die jeweiligen Quellen für die Pflanzennährstoffe so gewählt habe, dass am Ende genau so ein Überschuss an H+ Ionen entsteht, dass der PH-Wert stimmt.
Falls die Nährlösung dann aber irgendwann den angestrebten PH-Bereich verlässt, dann sind wir genötigt korrigierend eingreifen zu müssen.
Was ist Wasserhärte?
Wenn Wasser komplett rein ist, also nur aus H2O besteht, dann ist es weich. Sobald Salze im Wasser gelöst sind, gewinnt es an Härte.
Dabei unterscheidet man die Karbonathärte und die Gesamthärte des Wassers. Dabei gibt die Karbonathärte nur die Härte an, die durch (HCO3)- (Carbonat-Ionen) entsteht, während die Gesamthärte sich auf die durch alle Erdalkali Ionen entstehende Härte bezieht.
Die Karbonathärte wird auch als vorübergehende Härte bezeichnet, denn sie verändert sich stetig. Sie hängt ab von der im Wasser gelösten Menge Carbonate, aber auch von PH-Wert und dem CO2-Gehalt der Lösung.
Die Karbonathärte steht in direktem Zusammenhang mit dem PH-Wert. Je „Carbonhärter“ das Wasser, desto mehr Basen sind darin enthalten, desto höher ist der PH-Wert.
Im Grunde genommen meint die Karbonathärte den Anteil an Calcium und Magnesium in der Lösung, denn diese „Härtebildner“ reagieren – selbst wenn sie über Nitrate eingebracht wurden – mit dem CO2 in der Lösung zu Carbonaten. Ebenso können Strontiom und Barium zu Carbonaten reagieren, aber diese Elemente sollten nur in so geringen Konzentrationen vorhanden sein, dass sie für unsere Zwecke vernachlässigt werden können.
Die individuelle Karbonathärte eines Wassers kann mit einem Testkit aus der Aquaristik festgestellt werden.
Der Härtegrad der Nährlösung sollte auf 5 reduziert werden. Dies wird bewerkstelligt durch einen passenden Anteil an NH4-N in der Nährlösung.
Pro zu beseitigendem Härtegrad werden 5mg/L N aus NH4 benötigt.
PH Korrektur
Szenario 1: PH sinkt
Die Konzentration der H+ Ionen ist so weit gestiegen, dass wir den angepeilten PH-Wert unterschreiten.
Möglicher Grund:
Hoher Kationenverbrauch, so werden der NL die basischen Elemente genommen. Also sinkt der PH. (K, Ca, Mg, NH4, Fe)
Lösung:
Ich gebe Lauge so hinzu, dass die Verhältnisse meiner Düngermischung aufrecht erhalten werden.
Wenn ich z.B. Verhältnisse von 4K zu 2Ca zu 1Mg anstrebe, dann gebe ich neben Kalilauge auch noch entsprechend Calcium und Magnesium beim heben des PH-Werts, sodass die Verhältnisse der Kationen untereinander möglichst gleich bleiben.
Szenario 2: PH steigt
Die Konzentration der H+ Ionen ist so stark gesunken, dass wir den angepeilten PH-Wert überschreiten.
Möglicher Grund:
Die Pflanze nimmt mehr Anionen als Kationen auf. (NO3, PO4, SO4)
Lösung:
Ich gebe Säuren so hinzu, dass die Verhältnisse meiner Düngermischung aufrecht erhalten bleiben.
Wenn ich z.B.
160N
40P
35S
in meiner aktuellen Düngermischung habe, dann mische ich Salpetersäure, Phosphorsäure und Schwefelsäure so an, dass genau diese Verhältnisse erhalten bleiben und senke damit den PH-Wert meiner Nährlösung.
Ich hoffe, dass ich euch damit ein wenig helfen konnte, den PH-Wert einer Nährlösung besser zu verstehen. Es gibt dabei noch viel mehr Dinge, die aufeinander Einfluss nehmen und bestimmt waren einige meiner Erklärungen fürchterlich ungenau, aber dennoch könnt ihr auf dieser Basis eventuell euer Verständnis des PH-Werts erweitern.
Vielen Dank für’s Lesen!
Grüße,
Gernot Reinhardsen